Für mich war es bisher eine absolute Selbstverständlichkeit: Dass ich, wenn es die Umstände erfordern, noch ein zweites Fahrrad nebenher mitführe. Und das kommt auch gar nicht mal so selten vor: Entweder, wenn ich Kind 1 oder 2 irgendwo abholen muss oder wenn ich eins unserer Räder zur Reparatur zum Radhändler bringe, weil mir die Zeit oder passendes Werkzeug fehlt.
Wie oft bin ich schon mit zwei Rädern quer durch die Stadt geradelt. Die linke Hand am eigenen Rad, die rechte am anderen Rad. Und cool, an der Ampel brauchte ich nicht mal aus den Klickies, weil ich mich so wunderbar auf dem Zweitrad abstützen kann. Doch gestern war Endstation. An einem Polizeiauto … die hatten mir so rasant den Weg abgesperrt, dass ich zunächst vermutete, es läge eine Verwechslung mit einem Schwerverbrecher vor.
Doch dem war nicht so. Das Problem war das zweite Fahrrad. Das ist verboten! Begründung: Als Radfahrer sei ich verpflichtet beim Abbiegen Handzeichen zu geben und das könne ich so nicht.
Ich musste also meinen Weg zu Fuß fortsetzen, was mit zwei Rädern ungleich schwerer ist, als sie fahrend zu bewegen. Zumal in der engen Bonner Altstadt, wo auf dem Bürgersteig zwei erwachsene Menschen gerade eben aneinander vorbeikommen, ohne sich anzustoßen. Dies hieß also: ein Fahrrad 100 m schieben, zurücklaufen, um das andere zu holen usw. „Recht so“, nickte der Polizist und grinste …
Ein bisschen Recht muss sein 🙂
Und tatsächlich, es ist in der Tat so. Ein Radfahrer muss, wie alle anderen Verkehrsteilnehmer, die auch mit einem Fahrzeug unterwegs sind, seine Abbiegeabsicht anzeigen. In § 9 StVO heißt es:
§ 9 Abbiegen, Wenden und Rückwärtsfahren (1) Wer abbiegen will, muss dies rechtzeitig und deutlich ankündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen ...
Wer keinen Fahrtrichtungsanzeiger hat, muss dies auf andere Weise kundtun. Beim Radfahrer sind das die Hände bzw. Arme, denn Blinker dürfen es nicht sein, weil die verboten sind – aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Hatte er also recht, der Polizist. Die Hände müssen frei sein, damit man Handzeichen geben kann. Wer sich nun wundert, warum man so häufig Hundebesitzer sieht, die ihre Vierbeiner mit dem Rad ausführen, denn wirklich frei sind die Hände hier ja in der Regel auch nicht, dem sei gesagt, das ist ein vollkommen (!) anderer Fall und sogar ausdrücklich erlaubt. In § 28 StVO heißt es:
§ 28 Tiere (1) Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können, sind von der Straße fernzuhalten. Sie sind dort nur zugelassen, wenn sie von geeigneten Personen begleitet sind, die ausreichend auf sie einwirken können. Es ist verboten, Tiere von Kraftfahrzeugen aus zu führen. Von Fahrrädern aus dürfen nur Hunde geführt werden.
Aber nur Hunde! Katzen, Kühe, Pferde und sonstiges Getier sind verboten. Für mich heißt das also zukünftig, will ich mich rechtskonform verhalten, die Kids nicht mehr mit dem Rad abholen und auch der Weg zum Raddealer darf nur noch ganz brav mit einem Rad gemacht werden, oder eben ich entschließe mich, meine Räder an Ziel zu schieben, denn nicht umsonst heißt es ja, wer seine Räder liebt, der schiebt.
Das stimmt nicht ganz: § 9 StVO schreibt nur das Ankündigen vor, aber nicht, wodurch. Ankündigen kann man beispielsweise auch durch rechtzeitiges Einordnen. Sowas diskutiert man aber nicht mit Polizisten, die sind dafür in der Regel zu blöd. Besser Knöllchen geben lassen, nicht gleich bezahlen und dann Widerspruch einlegen.
Tja 😉 wie so häufig: 2 Juristen, mindestens 3 Meinungen. Das Anzeigen kann theoretisch natürlich auch mit dem Bein erfolgen, der Hintermann muss es nur verstehen, würde ich sagen. Eine Entscheidung des OLG München (Az. 10 U 3820/12) sagt, „anzeigen” sei zwingend erforderlich. Was man darunter zu verstehen hat, ist sicherlich einzelfallabhängig. Und ja, wenn ich ich der Linksabbiegerspur stehe, dann sollte das Zeichen genug sein. Mir kommt diese Regelung in der StVO insgesamt allerdings etwas lebensfremd vor. Ich würde mich nie auf ein Handzeichen (allein) verlassen wollen.
Rechtskonformes Verhalten hin oder her: Wenn ich dran denke, wie viel Autofahrer gestern beim Überholen mal wieder den angebrachten Abstand so überhaupt nicht eingehalten haben. Ich meine nicht mal den vorgeschriebenen Abstand. Einfach nur eine Entfernung, die bei mir das Gefühl hinterlässt, ich sei ein durchschnittlich schützenswerter Verkehrsteilnehmer.
Ich habe noch nie, nie, nie gesehen, dass die Polizei einen Autofahrer deswegen aus dem Verkehr gezogen hätte. Aber Dich mit Deinen beiden Rädern stoppen, schon klar. Kann man nicht über einen Kamm scheren, weiß ich. Trotzdem nervt mich sowas unsäglich.
Mich ja auch, ich fand es einfach nur lächerlich. Außerdem meine ich, müsste man in jedem Fall zwischen Stadt und Land differenzieren. Die Regelung ist schon reichlich abstrus. Und Handzeichen hin oder her, für mich ist entscheidend mein Schulterblick, ergänzend kann dann ein Handzeichen sinnvoll sein (aber eben auch nicht immer – ich sag nur nasse Straßenbahnschienen …)
Und was ist wenn ich bei Regen mit einem Poncho fahre?
Haha 🙂 sehr gut … Merk ich mir fürs nächste Mal. Offensichtlich eine lebensfremde Regelung!
Tja, es gibt viele auslegungsbedürftige Regeln in der Straßenverkehrsordnung. Ich bin mir nicht sicher, ob jeder Polizist da immer den Überblick hat. Für mich ist die Lösung des Problems: Kleiner Donner. Mit unserem Tandem galoppieren wir gemeinsam oder einzeln durch die Steppen der Großstadt. So kann jederzeit ein zweiter Reiter oder eine zweite Reiterin absteigen oder aufsteigen.
Ich würde vorschlagen du kaufst einen Hund, der groß genug ist dass die Kinder auf ihm nach Hause reiten können. Das dann aber besser vielleicht auf dem Bürgersteig 😉
Wenn Hunde von Radfahrern geführt werden dürfen, auch wenn dadurch das Anzeigen des Abbiegevorgangs nicht mehr möglich ist, ist es denn dann erlaubt einen Hund und ein zweites Rad gleichzeitig zu führen? Beide könnten ja an einer Hand geführt werden! :o)
Das Gesetz ist so realitätsfremd, wie es nur sein könnte. Am Ende wirste noch verknackt, weil du durch Handzeichen geben nicht beide Hände am Lenker hattest und somit den Straßenverkehr gefährdet hast.
Aber man ist ja nur Radfahrer, da werden Kontrollen nur gemacht, wenn Läden geschlossen sind, dass die Polizei auch ja keinen Autofahrer auf dem Radweg erwischt. Wenn man in der Mitte der Straße fährt weil die Straße so eng ist, dass überholen mit vorgeschriebenen Abstand gar nicht möglich ist (dass man das theoretisch nach Berechnung der ganzen empfohlenen Abständen überall müsste, lasse ich mal außen vor) ist man voll doof.
Dann trägt man womöglich noch Kopfhörer und hört leise Musik ist sowas von doof, aber Autos haben weiterhin überall Scheiben drin, sind akustisch abgeschirmt und haben ein Radio drin.
Diese Gängelei geht mir so dermaßen auf den Zeiger … richtige Hupe, die Autofahrer auch hören ist verboten und über so ein mickriges Dingeling von Fahrradbimmel lachen die Leute doch nur, wenn sie sie denn überhaupt hören.
Klasse Beitrag. Bewundernswert finde ich den gezügelten Ärger. Allem Anschein nach hat man als Radfahrer weiterhin das Gefühl, dass man der Umwelt und der Gesellschaft etwas böses will. Ernüchternd. Gibt es denn eine legale Möglichkeit ein zweites Rad mitzuführen? Eine Koppelstange für große Räder z.B.? Alternativ würde ich die Option Prüfen es mir auf den Rücken zu schnallen. Bis 3m Breite muss keine Kennzeichnung angebracht werden im Straßenverkehr.
Du hättest dich nicht auf den Bürgersteig quälen müssen, sondern die Fahrräder auf der Fahrbahn schieben können, denn §25 Abs. 2 StVO besagt:
Wer zu Fuß geht und Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführt, muss die Fahrbahn benutzen, wenn auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen andere zu Fuß Gehende erheblich behindert würden. Benutzen zu Fuß Gehende, die Fahrzeuge mitführen, die Fahrbahn, müssen sie am rechten Fahrbahnrand gehen; vor dem Abbiegen nach links dürfen sie sich nicht links einordnen.
Das Fahrrad kann mit beiden Händen am Lenkrad gezogen werden. Der polnische Hersteller bietet eine solche Lösung an
https://www.youtube.com/watch?v=bQZoaX3nKZU Cataloge: https://docs.wixstatic.com/ugd/7c282b_8e1f734e3aab40399e9cc16b99b0c0f6.pdf
Du hättest vor einer Abbiegesituation absteigen können und die Fahrzeuge ein Stück zu Fuß schieben können, danach wieder weiterfahren auf der Fahrbahn.
das Blinken ist aus meiner Sicht nicht das Problem, sondern das dauerhafte einhändige Fahren – wer schon mal ein Fahrrad so überführt hat, weiss das die Sache insgesamt ziemlich unsicher ist:
Bremskraft nur auf einem Rad,
Schalten ggfs. eingeschränkt,
Lenkfähigigkeit massiv eingeschränkt
usw.
macht euch nix vor, hat schon nen Grund weshalb das nicht erlaubt ist
Auf nem Fahrradweg ohne Autos gehe ich noch mit
Na ja, ich würde mal behaupten, dass man das so pauschal nicht behaupten kann, da es von vielen Faktoren abhängig ist: Geschwindigkeit, Vorausschau, Straßenbreite, etc. Wenn ich mich insgesamt ziemlich unsicher gefühlt hätte, hätte ich es nicht gemacht. Massive Einschränkung der Lenkfähigkeit kann ich nicht erkennen …